Bundesnetzagentur stößt Strompreisreform an: Das bedeutet sie für dich

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Für viele Beteiligte ist längst klar: So, wie sich der Strompreis in Deutschland heute zusammensetzt, darf es nicht weitergehen. Die Kosten steigen für Verbraucher, die Entwicklung muss ausgebremst werden, bevor Energie für alle unbezahlbar wird. Eine Reform soll den Aufwärtstrend durchbrechen.
Strommast vor Wohngebiet
Bundesnetzagentur stößt Strompreisreform an - das bedeutet sie für dichBildquelle: Leohoho/Unsplash

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an die Prognosen, die für den langfristigen Strompreis in Deutschland im vergangenen Jahr durch Studien gestellt wurden. Experten sahen nach aktuellem Trend Kosten auf uns zukommen, die auf 50 Cent pro Kilowattstunde bis 2035 zusteuerten. Der Strompreis hierzulande ist hoch – und darf diese Entwicklung nicht länger fortsetzen. Während die Regierung bereits erste Pläne zur Entlastung der Bürger angedacht hat, ebnet die Bundesnetzagentur einen weiteren Weg für die Veränderung unserer Preisbildung. Denn auch wenn kurzzeitige Steuererleichterungen und Subventionen die Last im Jetzt-Zustand senken, ist vor allem eine langfristig dauerhafte Lösung der entscheidende Hebel. Als idealer Ansatzpunkt präsentieren sich dabei die Netzentgelte, die jeder Stromverbrauch automatisch zahlt. Ihre Bildung ist im heutigen Verhältnis nicht mehr zeitgemäß.

Das Dilemma der heutigen Netzentgelte in unserem Strompreis

Aktuell werden die Netzentgelte vor allem zulasten von Verbrauchern umgelegt. Oberhalb der Niederspannung sind zurzeit alle Netzentgeltkomponenten rein entnahmeabhängig, nicht einspeiseabhängig. Dadurch ergibt sich ein Ungleichgewicht in der Bildung der Netzentgelte. Denn der Bau von Erzeugungsanlagen von erneuerbaren Energien erhöht die Netzentgelte für Verbraucher. Umgekehrt zahlen diese Kraftwerke jedoch keinerlei Netzentgelte. Problematisch ist das auf zwei Ebenen. Zum einen unterscheiden Investoren derzeit nicht, wo Kraftwerkskapazitäten sinnvoll und notwendig wären, da überall die gleiche Menge an Gewinn mit einer Anlage zu erwirtschaften ist.

Umgekehrt zahlen jedoch Verbraucher die Kosten für jedes Kraftwerk gleichermaßen über die Netzentgelte mit – gänzlich unabhängig davon, ob jene Errichtungen ihnen einen Mehrwert bieten. Im schlimmsten Fall bedeutet das: Jemand könnte ein Kraftwerk an einer Stelle bauen, an der bereits so viele erneuerbare Energien am Netz angeschlossen sind, dass es regelmäßig abgeregelt werden muss. Durch die Abregelungen entstehen Entschädigungszahlungen an den Betreiber der Anlage, die ebenso wiederum in den Netzentgelten landen. Eine Anlage könnte also doppelt Kosten verursachen, selbst wenn man den erzeugten Strom gar nicht sinnvoll im Netz verwenden kann.

Windräder stehen immer häufiger still und du zahlst dafür
Windräder stehen immer häufiger still und du zahlst dafür

Andererseits hätte dasselbe Kraftwerk an einem anderen Standort wesentlich geringere Phasen der Abregelungen. So könnte es tatsächlich netzdienlich günstigen Strom produzieren, wo er verbraucht und benötigt wird. Schon länger wird daher gefordert, dass Kraftwerke dort entstehen sollen, wo sie für das Netz einen realen Nutzen erbringen. Doch auch weitere Anpassungen müssen an die Zusammensetzung unserer Netzentgelte erfolgen.

Diese Anpassungen an den Strompreis schlägt die Bundesnetzagentur vor

Die Bundesnetzagentur möchte die einseitige Belastung der Verbraucher von Strom auflösen. Steigende Netzentgelte ohne eine zunehmende Anzahl von Verbrauchern und Stromverbrauch bedeutet auf lange Sicht lediglich höhere Kosten. Stattdessen wäre eine Erhebung von Netzentgelten bei der Einspeisung denkbar. Dabei diskutiert die Bundesnetzagentur sowohl ein Grundnetzentgelt als auch einspeiseabhängige Netzentgelte für Einspeiser, um die Kosten gleichmäßiger zu verteilen. Alternativ wäre die Einführung neuer Entgeltkomponenten wie ein Grund- oder Kapazitätspreis eine Möglichkeit. Dadurch würde die Entlastung der Verbraucher reduziert, die nicht die wesentlichen Kostentreiber des Stromnetzes sind, zurzeit jedoch die Kosten tragen. Ein zusätzlicher pauschaler Grundpreis, der auch von großen Erzeugungsanlagen mitgetragen wird, könnte hier ein neues Gleichgewicht schaffen.

Ein weiterer Punkt, der diskutiert wird, ist die Netzdimensionierung sowie die Netzanschlusskapazität. Sie gilt als ein weiterer Kostentreiber, sodass eine Bepreisung der bestellten Netzanschlusskapazität sich in der Verteilung der Netzentgelte widerspiegeln sollte. Da gerade der Ausbau der Kraftwerke zurzeit nicht dort erfolgt, wo sie lokal am sinnvollsten platziert wären, könnten die Netzentgelte auch den derzeitigen Auslastungsgrad des Netzes regional widerspiegeln. Dadurch wäre es möglich, die Kapazitäten gezielt dort hinzuführen, wo sie das beste Ergebnis für die Stromversorgung erzielen. Allerdings setzt das eine vollständige Digitalisierung des Netzes und Netznutzern voraus, die bisher noch nicht umgesetzt werden konnte. Die Netzentgelte selbst stärker zu dynamisieren in Form von statistisch zeitvariablen Netzentgelten könnte ebenso einen Vorteil liefern. Bei dieser Methodik würden verschiedene Tarifstufen mit einem langen Vorlauf festgelegt und würden für große Gebiete gelten.

Stromspeicher will man als eigene Nutzergruppe betrachten

Damit die netz- und systemdienliche Einbindung von Stromspeichern nicht unter neuen Änderungen der Netzentgelte leidet, möchte man die Entgelte für diese Nutzergruppe separat adressieren. Bisher sind all diese möglichen Anpassungsoptionen noch nicht final entschieden. Es wäre somit möglich, dass die finale Reform mehrere Aspekte gemeinsam einbindet oder nur einen der Vorschläge zur Anpassung final übernimmt. Die Richtung, die die Bundesnetzagentur dabei einschlägt, ist jedoch zu begrüßen. Denn ganz gleich, welche der Maßnahmen umgesetzt würden, jede trägt dazu bei, einen Teil der Last von Verbrauchern auf andere Teilnehmer des Stromnetzes zu verteilen. Insbesondere eine Anpassung an den Auslastungsgrad der Netze wäre regional wünschenswert, da diese Methode langfristig die größten Kostenpunkte reduziert und den größten Nutzen eines jeden neuen Kraftwerks sicherstellen würde. Doch wie schnell die dafür notwendige Digitalisierung voranschreiten kann, dürfte sich wie so oft als begrenzendes Nadelöhr erweisen.

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